Kaiser, Georg: Die Bürger von Calais

Kaiser, Georg: Die Bürger von Calais. Bühnenspiel

Hrsg. von Eckhardt Faul
107 S.
ISBN: 978-3-15-018359-5
5,20 €

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Kaisers 1917 uraufgeführtes Schauspiel bezieht sich auf eine reale historische Gegebenheit: 1347 standen englische Truppen vor Calais. Die Stadt sollte nur dann verschont bleiben, wenn sich sechs Bürger bereit fänden, ihr Leben für ihre Mitbürger zu opfern. Inspiriert wurde Kaiser durch eine alte Chronik und das berühmte gleichnamige Denkmal des Bildhauers Auguste Rodin. Die zeitlose Parabel wurde schon gleich nach der Uraufführung als klassisches Erweckungsdrama des Expressionismus gefeiert.
Die Bürger von Calais

Editorische Notiz
Anmerkungen
Literaturhinweise
Nachwort
Georg Kaiser, 25. 11. 1878 Magdeburg – 4. 6. 1945 Ascona (Schweiz).
Der Sohn einer Kaufmannsfamilie verließ nach der Mittleren Reife das Gymnasium, war 1895 kurze Zeit Lehrling in einer Buchhandlung, begann dann eine kaufmännische Lehre, die er 1898 abbrach, um nach Argentinien zu fahren. Hier arbeitete er im Büro der AEG, bis er 1901 wegen gesundheitlicher Probleme nach Deutschland zurückkehrte und in einer Nervenklinik behandelt wurde. Er verbrachte die folgenden Jahre als freier Schriftsteller an verschiedenen Orten bei Mitgliedern seiner Familie. Nach der Heirat 1908 mit Margarethe Habenicht, die eine größere Mitgift in die Ehe einbrachte, lebte er bis 1918 abwechselnd in einem eigenen Haus in Seeheim an der Bergstraße und einer gemieteten Villa in Weimar. Er geriet jedoch bald in finanzielle Schwierigkeiten; der Besitz ging verloren, die Familie zog nach München. 1921 wurde K. wegen Unterschlagung und Betrugs zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, aber bereits nach zwei Monaten entlassen: Der Gustav Kiepenheuer Verlag übernahm die Bürgschaft für alle Schulden. K. ließ sich 1921 in Grünheide bei Berlin nieder und wurde in den folgenden Jahren zu einem der meistgespielten Dramatiker der Zeit. Nach der Machtergreifung erhielt er Publikations- und Aufführungsverbot; 1938 floh er über die Niederlande in die Schweiz. K. schrieb seit 1903 Dramen; 1911 wurde das erste gedruckt. Den Durchbruch K.s als Dramatiker brachte 1917 die Uraufführung des bereits 1914 veröffentlichten Wandlungs- und Erlösungsstücks Die Bürger von Calais. Wenige Monate später folgte Von morgens bis mitternachts (entst. 1912, UA 1917), ein Stationendrama, das den scheiternden Ausbruchsversuch eines namenlosen Kassierers aus der Enge seines Daseins zur konsequenten Verwirklichung seines Ich in einer rastlosen, dynamischen Bilderfolge und atemlos verknappter Sprache darstellt. K. hatte sich damit als führender expressionistischer Dramatiker etabliert; nach vier weiteren Uraufführungen 1917 folgten acht im nächsten Jahr. Den Höhepunkt seiner expressionistischen Dramatik bildet das zweiteilige Drama Gas (UA 1918 bzw. 1920), das unter dem unmittelbaren Eindruck des Krieges sich mit der Problematik der industriellen und technischen Entwicklung auseinandersetzt, indem es den Umschlag einer verabsolutierten Sachlogik ins Irrationale und statt einer Erneuerung des Menschen seine Dehumanisierung konstatiert. Während der Weimarer Republik schrieb K. Liebes- und Künstlerdramen, Komödien, Libretti und Filmentwürfe. Dass er sich dabei von der politischen Realität fernhielt, hinderte die SA nicht daran, 1933 bei der Uraufführung des »Wintermärchens« Der Silbersee (Musik von Kurt Weill) einen Skandal zu inszenieren. Im Exil schrieb K. dann Stücke gegen den Krieg (Der Soldat Tanaka, UA 1940) und den Nationalsozialismus (Klawitter, UA 1949) sowie drei ›griechische‹ Dramen, darunter Pygmalion (UA 1953), eine weitere Bestätigung dafür, dass sich die expressionistische Vorstellung vom ›neuen‹ Menschen nicht verwirklichen lässt.

In: Reclams Lexikon der deutschsprachigen Autoren. Von Volker Meid. 2., aktual. und erw. Aufl. Stuttgart: Reclam, 2006. (UB 17664.) – © 2001, 2006 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart.