Weimarer Klassik – Höhepunkt der deutschen Geistesgeschichte

Dreamteam Goethe und Schiller: Wie die Freundschaft zweier Dichter die Literaturgeschichte prägte

Die Weimarer Klassik (1786–1832) gilt zusammen mit der Romantik als wichtigste Epoche der deutschen Literaturgeschichte. Gemeinsam mit der philosophischen Strömung des Idealismus wird sie als Höhepunkt der deutschen Geistesgeschichte betrachtet. Die enge Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen Schiller und Goethe in Weimar ist grundlegend, außerdem sind Wieland und Herder prägend.
Doch was macht die Weimarer Klassik eigentlich so besonders? Die ästhetischen Grundlagen sind die Orientierung an der Antike sowie Harmonie und Schönheit. Die ethischen Grundlagen sind Toleranz und Humanismus, Gleichheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde. Diese Ideale sollen aber nicht durch Umbruch und Revolution, wie es in der Französischen Revolution geschehen war, sondern mittels einer Erziehung durch Kunst erreicht werden. Als bestes Mittel für die ästhetische Erziehung gilt das Theater, weshalb das Drama die wichtigste Gattung ist.

 

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Antike Ideale reloaded: Schönheit, Harmonie und Streben nach Vollkommenheit sind zentral

Die Autoren der Weimarer Klassik, insbesondere Goethe und Schiller, teilen die gleichen Vorstellungen von Kunst – und wurden darin vom Archäologen Johann Joachim Winckelmann und dessen Studien zur Antike stark beeinflusst. Von Winckelmann stammt der berühmt gewordene Ausdruck »edle Einfalt, stille Größe«. Die sah er in der antiken Kunst verwirklicht, was diese wiederum in der Folge zum Ideal für die Weimarer Klassik werden ließ.

Auf diesem Leitsatz bauen die Grundsätze der Literatur der Weimarer Klassik auf, die in Anlehnung an die Antike und besonders an den Philosophen Platon die Schönheit als ästhetische Erscheinung der Wahrheit sehen. Den Werken der Weimarer Klassik liegen die Ideale der Schönheit, der Harmonie von Körper und Geist sowie eine aus Antike und Renaissance stammende Lehre der Proportionen zugrunde, die nach Vollkommenheit strebt.

Das allgemeine vorzügliche Kennzeichen der Griechischen Meisterstücke ist endlich eine edle Einfalt, und eine stille Grösse, so wohl in der Stellung als im Ausdrucke. 

Aus Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Wercke in der Mahlerey und  Bildhauer-Kunst von Johann Joachim Winckelmann


Viergestirn der deutschen Literatur

Die vier maßgeblichen Autoren der Weimarer Klassik, Goethe, Schiller, Herder und Wieland, lebten und wirkten in Weimar, das deshalb namensgebend für die Epoche wurde. In ihren Werken orientierten sie sich an der klassischen Antike und wurden in der Folge zu einer prägenden, also selbst »klassischen« Epoche der deutschen Literatur.
Für den Zeitraum, den die Weimarer Klassik umfasst, gibt es eine enge und eine weite Definition: Die weite spricht von den Jahren 1786, dem Jahr von Goethes erster Italienreise, bis 1832, Goethes Todesjahr. Die enge beschränkt den Zeitraum auf die Jahre 1794/95 bis 1805, die Jahre der Freundschaft und des gemeinsamen Schaffens von Goethe und Schiller. So oder so kommt die Definition also um Goethe nicht herum.

Die Grenzen der Vernunft und das Erbe der Aufklärung

Eine weitere wichtige Grundlage ist der Humanismus. Doch was bedeutet eigentlich Humanismus? Als Humanismus bezeichnet man die Konzentration auf den Menschen, verbunden mit Werten wie Toleranz, Humanität, Gleichheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde. Der Mensch soll selbstbestimmt Entscheidungen treffen und dabei Verantwortung für sich und die Gesellschaft übernehmen. Insofern stimmt die Weimarer Klassik mit Grundsätzen der Aufklärung überein, zu deren Forderungen der individuelle Gebrauch der eigenen Vernunft gehört.

Doch nach jahrhundertelanger Gängelung durch Kirche und Staat ist es gar nicht so einfach, den eigenen Verstand zu benutzen. Deshalb hat die Aufklärung auch nicht nur Gutes gebracht, wie an den blutigen Folgen der Französischen Revolution erkennbar wurde. Enttäuscht und schockiert von den Vorgängen in Frankreich stellen die Autoren der Weimarer Klassik dem Glauben an Vernunft und Politik die Vorstellung einer Erziehung des Menschen durch Schönheit, Kunst und Philosophie entgegen. Und anstatt auf Revolution setzen sie auf einen harmonischen Ausgleich der Gegensätze.


Theatersessel statt Schulbank drücken: Erziehung durch Kunst

Doch wie soll eine solche Erziehung durch Kunst funktionieren? Am geeignetsten dafür erschien das Theater, weshalb das Drama zur wichtigsten Gattung wurde. Auch hier orientieren sich die Autoren an der Antike, an Aristoteles und der von ihm beschriebenen Einheit von Zeit, Ort und Handlung, die auch als geschlossene Form des Dramas bekannt ist. Besonders beliebt sind historische Stoffe: Sie sind besonders mitreißend, weil sie von echten Geschehnissen handeln, und vermitteln das Gefühl, aus der Geschichte lernen zu können. Dabei soll der Held dem Publikum moralisches Handeln, das die Neigung des Einzelnen mit den gesellschaftlichen Pflichten ein Einklang bringt, direkt auf der Bühne vor Augen führen.

Die inhaltliche Forderung nach Harmonie wird auch formal umgesetzt: Die Sprache der Dramen der Weimarer Klassik ist geordnet und einheitlich, häufig in Versen, und steht damit im Gegensatz zur Sprache ihrer Vorgänger, der Sturm-und-Drang-Dramen.