Cicero – Philosoph, Redner, Politiker

Marcus Tullius Cicero wurde im Jahr 103 v. Chr. in Arpinum (rund 120 Kilometer östlich von Rom) geboren – und legte eine beispiellose Karriere hin. Als Anwalt führte er aufsehenerregende Prozesse, und als führender Politiker gestaltete er die Geschicke Roms mit, solange man ihn ließ. Die späte Römische Republik aber war dem Untergang geweiht, mit Caesar, Antonius und Octavian taten sich einzelne Anführer hervor, die nicht hinter dem alten politischen System standen, sondern vor allem an einem hingen: ihrer Macht. Und Cicero? Der bezahlte seinen Kampf für die Republik mit dem Leben.


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Auf dem Abstellgleis

Im Rückblick hatte Ciceros zeitweise Außenseiterposition ein Gutes: Wenn er politisch kaltgestellt war, widmete er sich anderen Themen wie der Redetheorie und der Philosophie und verfasste dazu ausführliche Schriften. Seine Rhetorik-Werke inspirieren noch heute, seine philosophischen Texte haben den Römern überhaupt erst die Welt der griechischen Philosophie eröffnet und waren auch in späteren Zeiten der Schlüssel dazu. Hinzu kommen seine Reden und seine Briefe – alles in allem eine beinahe unerschöpfliche Quelle zu dieser turbulenten Zeit der Bürgerkriege, die Roms Übergang von der Republik zur Monarchie prägten.


 

Das edelste Übungsfeld der Tugend ist: den Staat zu lenken und gerade die Dinge, die jene im stillen Winkel lautstark predigen, durch die Tat, nicht durch das Wort zu verwirklichen.


Aus De re publica 1,2, übers. Michael von Albrecht


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Studieneifer, Ehrgeiz, Talent – und Gelegenheit

Cicero stammte nicht aus den führenden Senatorenfamilien, sondern aus dem Ritterstand, investierte aber schon früh in seine Bildung. Er lernte bei berühmten Lehrern und unternahm Studienreisen, zum Beispiel nach Rhodos. Nach dem ersten Posten der üblichen Ämterlaufbahn, der Quästur auf Sizilien, und mit den dort geknüpften Kontakten zu Einheimischen ergab sich die Chance, die es brauchte – und Cicero ergriff sie: Er führte 70 v. Chr. mit Erfolg einen spektakulären Gerichtsprozess gegen den damals angesehensten Redner Roms und wurde auf diese Weise schlagartig berühmt. Und beliebt. Unter anderem diesen Tatsachen verdankte er es, dass er zum Konsul gewählt wurde, sobald er das dafür nötige Alter erreicht hatte: im Jahr 63 v. Chr. (Weil Cicero der Erste seiner Familie war, der den Konsulat erreichte, wird er als homo novus, »neuer Mann«, bezeichnet.)

Sein großer Erfolg dieses Amtsjahres – er hatte die sogenannte Catilinarische Verschwörung aufgedeckt – brachte ihm einen weiteren Titel ein: pater patriae, »Vater des Vaterlandes«. – Und Cicero wurde künftig nicht müde zu betonen, dass er das Vaterland vor dem Untergang gerettet hatte.

Doch der Untergang war unausweichlich

In diesen Jahren der wechselnden Bündnisse zog sich Cicero entweder zurück, oder er stellte sich mal auf die eine, mal auf die andere Seite. Selten allerdings auf die richtige. Nach Caesars Ermordung und dem neu aufflammenden Konflikt zwischen Marcus Antonius und Octavian positionierte sich Cicero aufseiten des Letzteren und rechnete dabei vielleicht nicht damit, dass die beiden sich verbünden könnten. Als aber genau dies geschah, landete Ciceros Name auf einer Proskriptionsliste, dem einst so großen Politiker blieb nur die Flucht – die von einem Trupp Kopfgeldjägern im Dezember 43 v. Chr. jäh beendet wurde.


Mit und über Cicero